Eine Reise in das Land der Läufer
Lauftrainer Christian Pflügl und sein Einblick in das Leben kenianischer Läufer
Einer der größten Unterschiede zwischen kenianischen und europäischen Läufern ist wohl die genetische Veranlagung. Die erzeugte Milchsäure, die bei einer Muskelbelastung produziert wird, bildet sich im Blut der Kenianer nur sehr langsam, wodurch ihre Muskeln weniger schnell ermüden. Hinzu kommt, dass afrikanische Athleten harte Arbeiter sind und viel Geduld in ihr Training und Trainingssystem stecken, wie Christian Pflügl erfahren durfte.
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SommersportDoch wie sieht ein Lauftraining in Kenia aus?
Und was machen kenianische Läufer anders als andere Läufer?
Der Tag beginnt um 5:50 Uhr, Laufschuhe anziehen und los geht’s auf die Laufpiste nach Iten inmitten des Rift Valleys, der Welthauptstadt des Laufens, auch bekannt als „home of champions“. Alles was Rang und Namen hat, vom 800-Meter- bis zum Marathonläufer, trainiert und lebt dort. In gemeinsamen Laufgruppen wird hier täglich, mit der Ausnahme von Sonntag, dem sogenannten „church day“, trainiert. Schon nach den ersten Laufschritten fühlt sich Christian Pflügl, angetrieben durch die Atmosphäre, gleich viel schneller, auch wenn das vielleicht gar nicht so ist. Damit Kenianer mental nicht aus dem Gleichgewicht kommen, gestaltet sich das Training, mit der Ausnahme von Dienstag und Donnerstag – den Intervall Tagen – jede Woche gleich. Training ist hier kein Spaß und auch kein Ausgleich. Ganz nach dem Motto „running is not a joke“ ist das Lauftraining ein Überlebensjob für jeden einzelnen und diese Arbeit wird ernst genommen!
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Long Run - der letzte Trainingstag
Samstag bildet die letzte und somit wichtigste und härteste Trainingseinheit der Woche. Die ganze Woche lang wird diesem Tag entgegengefiebert und die Anspannung der Athleten ist deutlich zu spüren. Um 6:00 Uhr starten an verschiedenen Treffpunkten unterschiedliche Trainingsgruppen den Long Run. Die Laufgruppen bestehen aus 50 bis 200 Läufern. In Begleitfahrzeugen sitzen Trainer und Manager, die sich an die Spitzengruppen halten. Mit der aufgehenden Sonne verwandeln dutzende Läufer in ihren farbigen Sport-Leibchen Iten in eine wunderbar bunte Welt.
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Doch der Long Run ist kein Kinderspiel
Es ist Motivation und Langstreckenlauftraining in seiner reinsten Form. Das Training muss hart sein und weh tun – „you must feel something“ sagen die Kenianer. Das Trainingsziel des Long Runs liegt zwischen 25 und 45 km in einer „high pace“, die ein wenig langsamer als Marathontempo ist. Dass sich so ein Lauf auf 2400 m Höhe und in einem alpinen Gelände, indem es mehr bergauf als bergab geht, als gar nicht so einfach gestaltet, kann man sich gut vorstellen.
Dennoch sind die Kenianer von Anfang an ungewohnt zügig unterwegs und gefinished wird in 3 min/km-Pace und schneller. So zeichnet sich schon nach den ersten Kilometern das Spitzenfeld ab. Sollte ein Läufer allerdings einmal nicht so einen guten Tag haben, lassen sich die Kenianer die Laune dadurch auch nicht verderben. Stets positiv eingestellt wird so ein Lauf mit einem „no problem“, einem der Lieblingssätze der Kenianer, kundgetan.
Neben all dem Training vergessen die Kenianer jedoch eines nicht – die Regeneration. Gezielt setzen die schnellsten Läufer der Welt hierbei auf ausreichend Schlaf, lockere Trainingseinheiten, Pausentage, mentale Stärke, gesunde Ernährung sowie das Vermeiden von zusätzlichen körperlichen Aktivitäten und das Hören auf den Körper.